Rede von Prof. Bernd Lucke (AfD) in Hannover zur Europawahl

17. Mai 2014
von Redaktion

Prof. Bernd Lucke (AfD), Hannover, Europawahlkampf 2014

Lesen Sie hier die vollständig zitierte Rede des Bundesvorsitzenden der Partei Alternative für Deutschland (AfD) Prof. Bernd Lucke am 17. Mai 2014 in Hannover zur Europawahl - und bilden sich Ihre eigene Meinung:

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"Guten Tag meine Damen und Herren.

Ich freue mich, dass sie heute gekommen sind zu dieser Veranstaltung am Mittag in Hannover. Ich freue mich auch, dass Herr Hampel hier gesprochen hat als Kandidat der Europa-Wahlliste auf Platz neun und ich hoffe sehr, Paul, dass wir dich alle in der kommenden Woche ins Europaparlament befördern.

Meine Damen und Herren, Herr Hampel hat hier schon einiges ausgeführt über den Charakter der Alternative für Deutschland und ich möchte da vielleicht noch einmal ansetzen, weil ich das ehrlich gesagt langsam leid bin, diese ständigen Fragen, "Was ist die Alternative für Deutschland?“ Ist sie nun rechts oder ist sie links oder ist sie liberal oder ist sie konservativ und all diese abgestandenen Kategorien des politischen Denkens. Ich glaube, wir müssen uns einmal lösen von diesen Etikettierungen und diesem Schubladendenken. Und wir müssen uns auch lösen von Begriffen die zum Teil geradezu in Verruf gekommen sind wie beispielsweise der Begriff "liberal", der so stark mit der FDP assoziiert ist, dass man schon geradezu sagt, man möchte gar nicht mehr liberal sein, weil dann jeder denkt, man ist einer von der FDP.

Meine Damen und Herren, wir sind keine Liberalen, aber wir sind eine freiheitliche Partei und das glaube ich, ist wichtig an uns. [Beifall]

Ich denke, wir brauchen mal ein paar neue Begriffe, ein paar neue Kategorien. Was heißt konservativ? Konservativ heißt eigentlich bewahrend. Aber das sagt wenig aus, denn das Konservative, das Bewahrende - hier muss man hinzufügen, was will man denn eigentlich bewahren? Das Wesentliche ist doch, dass man das Wertvolle bewahrt, und dass man das, was sich in Deutschland als nicht so wertvoll erwiesen hat, dass man das dann eben auch verändert, dass man etwas reformiert. Und unser Auftrag liegt darin, das zu reformieren, was der Reform bedürftig ist und das zu bewahren, was wertvoll ist und deswegen fühle ich mich viel wohler, wenn ich sage, die Alternative für Deutschland ist eine wertorientierte Partei, nicht eine konservative aber wertorientierte Partei. [Beifall]

Und dann gibt es diese unsinnigen Rechts-Links-Kategorisierungen, die immer wieder an uns herangetragen werden. Ich kann mit diesen Begriffen rechts und links eigentlich nicht so sonderlich viel anfangen, aber ich weiß, dass wir viel Zulauf auch haben von Menschen, die aus Parteien kommen, die man irgendwie als links verortet: Von der SPD oder von den Grünen oder auch von der Linken selbst. Und diese Menschen die kommen zu uns entweder weil sie, so wie es Paul Hampel ausgeführt hat, ebenfalls dieses Wertorientierte schätzen oder deshalb weil sie eben eine Partei suchen, die eine soziale Verantwortung verspürt. Und genau das ist für uns wichtig, meine Damen und Herren, wir sind eine freiheitliche Partei und wir sind eine wertorientierte Partei und wir sind eine soziale Partei. [Beifall]

Die Alternative für Deutschland ist vor etwas mehr als einem Jahr gegründet worden, weil die Gründer das Gefühl hatten, wir wissen überhaupt nicht mehr, 'wie wir noch werden sollen'. Die Altparteien sind so profillos, so konturlos geworden, dass man gar nicht mehr weiß, wofür sie eigentlich stehen, was ihre inneren Grundüberzeugungen sind. Früher war das anders, jedenfalls in meinen Erinnerungen war es früher so, dass die alten Parteien doch standen für unterschiedliche politische Vorstellungen. Und da waren die einen für die Entspannungspolitik, in den siebziger Jahren, und die anderen waren dagegen. Da waren die einen für das traditionelle dreigliedrige Schulsystem und die anderen waren für Gesamtschulen und kooperative Schulen. Da waren die einen für die friedliche Nutzung der Kernenergie und die anderen waren dagegen. Da waren die einen für den NATO-Doppelbeschluss und die andern waren dagegen. Ja das war sogar so, dass da einige Parteien für die Deutsche Einheit waren und aus der SPD der Kanzlerkandidat, der meinte, na so eilig haben wir es eigentlich gar nicht und hier können auch zwei deutsche Staaten längere Zeit friedlich nebeneinander koexistieren. Wie man auch immer über diese einzelnen Fragen denken mag, es waren wichtige Fragen und die Parteien hatten unterschiedliche Positionen dazu - und der Bürger hat eine Wahl. Aber nun sagen Sie mir bitte meine Damen und Herren, wo sind denn die großen wichtigen Unterschiede zwischen CDU und SPD heute hingekommen? Wo ist es denn heute noch der Fall, dass diese Parteien wirklich für unterschiedliche Politikentwürfe stehen? Selbst die Fragen, die früher kontrovers waren zwischen diesen Parteien, was weiß ich, die Nutzung der Kernenergie, das sind sie inzwischen einer Meinung, man ist gegen die Atomkraft. Beide sind inzwischen gegen die Wehrpflicht beispielsweise, beide sind inzwischen für die doppelte Staatsbürgerschaft. Also alles das, was die Parteien früher als unterschiedlich gekennzeichnet hat, ist inzwischen zu einem großen Konsensbrei verschmolzen. Und die Bürger haben keine Wahl mehr. Und deshalb meine Damen und Herren, haben wir die Alternative für Deutschland gegründet. Denn wenn alle einer Meinung sind, so haben wir gedacht, dann braucht man ab und zu auch mal eine zweite. [Beifall]

Es gibt nun viele politische Themen, die man dabei streifen könnte. Man könnte sprechen über die Energiepolitik in Deutschland oder über die Friedenspolitik in Deutschland oder über die Sozialpolitik und die Stabilität unserer Rentenversicherung oder Arbeitslosenversicherung, unserer Krankenversicherung. Man könnte sprechen über Themen wie die Familienpolitik zum Beispiel oder über die Umweltpolitik..., lauter Themen in denen es nötig ist, dass auch einmal eine neue Perspektive und eine neue Betrachtungsweise gebraucht wird, damit einfach unsere Gesellschaft, die in vielen Bereichen von politischen Themenfeldern zu erstarrt und verkrustet und ein bißchen in Ritualen gefangen ist, damit sie einfach mal neue Impulse erhält. Aber ich möchte das heute in meiner Rede eigentlich nicht weiter ausführen, weil ich hier jetzt spreche als Spitzenkandidat der Europawahl und will damit auf die europapolitischen Themen kommen.

Ich will sprechen darüber, dass die Alternative für Deutschland Alternativen formuliert in Bezug auf die Euro-Rettungspolitik und in Bezug auf die Politik der Schuldenverallgemeinschaftung, der Vergemeinschaftung von Staatsschulden und von Bankschulden, die von der Regierung und eigentlich allen etablierten Parteien unterstützt wird und wo wir als AfD sagen, nein, das ist keine gute Politik und man braucht für diese Politik eine Alternative. Ich werde hier sprechen über die Demokratie in Deutschland. Die Demokratie in Deutschland die sich bewährt hat, die gut ist als eine parlamentarische Demokratie, die aber gleichzeitig doch im Bereich des Parteienspektrums auch Erscheinungen aufweist, die etwas Besorgnis erregend sind, weil die Altparteien eben immer weniger für eigene Überzeugungen einstehen und stattdessen immer mehr sich daran orientieren, was gesellschaftlich wohl als mehrheitsfähig eingeschätzt wird. Das führt dazu, dass diese Parteien eben immer stärker dieselben Positionen einnehmen, denn sie gehen praktisch dahin wo sie glauben, dass die Mehrheit der Wähler anzutreffen ist - und treffen sich dann in gemeinsamen Überzeugungen. Das ist auch nicht gut für eine parlamentarische Demokratie, denn eigentlich sollte es Parteien geben, die konträre Ansichten vertreten, die dem Wähler eine Wahl ermöglichen. Und davon sind wir inzwischen weit weg in Deutschland, denn wir haben eine Regierung, eine große Koalition, die von 80 % der Bundestagsabgeordneten unterstützt wird und wir haben eine Opposition, die ihren Namen nicht wert ist. Also so eine schwache, schwächliche Opposition wie die Grünen und die Linken habe ich seit langer Zeit nicht mehr im Bundestag gesehen.

Also für diese Entwicklung in unserer Demokratie, auch für diese Entwicklung haben wir haben wir Alternativen zu benennen. Und die Alternativen bestehen darin, dass wir sagen, wir müssen dann, wenn im Parlament die Opposition nicht mehr so richtig zur Geltung kommt, wenn sie keine eigenen Ideen hat, wenn sie erstarrt ist, dann müssen wir dem Volk mehr Möglichkeiten geben, sich an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Darum sollten wir auch bei der Willensbildung endlich mal darüber nachdenken, Elemente direkter Demokratie zu ermöglichen: Volksbefragungen, Volksabstimmungen, Volksinitiativen, meine Damen und Herren. [Beifall]

Ich will dabei das Beispiel der Schweiz erwähnen. Die Schweiz ist insofern bedeutsam, als sie ja wohl die älteste Demokratie in Deutschland ist und als älteste Demokratie eine ganz andere Form von Demokratie eingeführt hat, als das sonst in Europa der Fall ist, denn in der Schweiz ist es so, dass man das parlamentarische System, was wir überall in Europa kennen, ganz anders aufgesetzt hat. Alle Parteien, die in der Schweiz in das Parlament gewählt werden, sollen eigentlich gemeinsam eine Regierung bilden; das ist in der Schweiz gar nicht erwünscht, dass es im Parlament eine Opposition gibt.

Es ist erwünscht, dass alle Parteien gemeinsam die Regierung tragen und sich einigen auf sinnvolle Maßnahmen, die die Regierung durchsetzen soll. Nur wenn es keine Opposition im Parlament gibt, dann bedeutet das natürlich, dass die Regierung keine Kontrollinstanz hat; dass niemand die Regierung kontrolliert, es sei denn - und das ist die geniale Entwicklung, die in der Schweiz dann umgesetzt worden ist, die idgenale Idee - es sei denn man sagt, dass Volk selbst kontrolliert die Regierung.

Deshalb hat die Schweiz diese Tradition von Volksbefragungen, Volksabstimmungen, Volksinitiativen. Das Volk ist sozusagen das Korrektiv für die Regierung. Wir haben eine große Konsensregierung in der Schweiz und dann haben wir das Volk, das gelegentlich sagen kann, also so, wie die Regierung sich das vorstellt, wollen wir das nicht machen. Und das Volk kann das, anders als eine Opposition in einem parlamentarischen System, nicht nur beklagen was die Regierung tut – eine normale Opposition kann ja nicht viel mehr machen als dass sie sagt, sie ist damit nicht einverstanden, aber sie ist eben da hingereiht und kann da keinen Einfluß nehmen – so das Volk kann unmittelbar der Regierung auch in den Arm fallen und kann sagen nein, also so wie es die Regierung vor hat, soll es nicht gemacht werden, wir überstimmen die Regierung; ja, wir geben in Form von Volksinitativen der Regierung sogar bestimmte Aufträge. Wir beauftragen die Regierung, bestimmte Dinge durchzusetzen, umzusetzen, die das Volk beschlossen hat. Das, meine Damen und Herren, ist eigentlich ein sehr interessantes demokratisches Modell.

Und angesichts der Tatsache, dass wir in Deutschland eben diese Entwicklung hin haben zu einer Art Konsensregierung, zu einem Parlament, in dem die Opposition so langsam versiegt, angesichts dieser Tatsache denke ich, sollten wir auch in Deutschland darüber nachdenken, dass wir auf Bundesebene Volksabstimmungen, Volksbefragungen und Volksinitiativen möglich machen. [Beifall]

Mit dem Dritten Punkt, den wir in der Regel erwähnen - ich führe das also noch etwas ausführlicher aus - geht es um die unterschiedlichen Vorstellungen zu Europa.

Wir sind in einer Europawahl und bedauerlicherweise ist es nicht so, dass die Altparteien, die sich jetzt bewerben um Wiederwahl, dem Bürger klar und deutlich sagen, worauf eigentlich ihre Politik in Europa hinauslaufen soll. Sie sagen nicht so richtig, was ist ihr Ziel für die Zukunft Europas und für die Zukunft Deutschlands in Europa. Sie versuchen sich so ein bisschen zu verstecken hinter irgendwelchem Krisenmanagement, was man in den letzten vier Jahren gemacht hat und versuchen dem Bürger glauben zu machen, naja, wir haben ja dies Krisenmanagement gemacht und das ist ja eigentlich auch so ganz schön geworden, so denken diese Parteien jedenfalls, aber sie sagen nicht, was die langfristige Perspektive, was die Vision für Europa ist, die sie haben, und welche Rolle Deutschland in diesem neuen zukünftigen Europa spielen soll.

Aber es ist ganz klar, was die Vorstellung ist; man kann es ablesen aus den einzelnen Maßnahmen, die beschlossen worden sind, die eingeführt worden sind in Europa. Und zum Teil kann man es ablesen aus Nebensätzen in Programmen und Interviews der Altparteien. Worauf die Altparteien zusteuern, das ist die Vorstellung der Vereinigten Staaten von Europa. Das ist die Vorstellung eines europäischen Bundesstaates, in dem die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eines Tages aufgehen sollen, so dass sie nur noch eine Funktion haben wie Bundesländer das in der Bundesrepublik Deutschland haben. Das heißt, die Altparteien wollen auf der europäischen Ebene einen neuen Staat, einen europäischen Überstaat schaffen, der sukzessive mehr an Kompetenzen haben soll. Und das, meine Damen und Herren, ist nicht unsere Vorstellung; dadurch unterscheiden wir uns von allen anderen Parteien, das ist sozusagen unser Alleinstellungsmerkmal in diesem Wahlkampf. Wir wollen nicht den europäischen Überstaat haben und wir wollen nicht auf die vereinigten Staaten von Europa hinaus, sondern wir wollen die Europäische Union erhalten als das, was sie bis 1999 gewesen ist und das, als was sie sich bewährt hat in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, nämlich als einen Staatenbund von freien, unabhängigen und souveränen Staaten. [Beifall]

Souveränität eines Staates in einem Staatenbund klingt zunächst mal so ein bisschen widersprüchlich, weil Staatenbund natürlich bedeutet, das man sich bindet und Bindung bedeutet, dass man irgendwo Freiheiten auch aufgibt. Aber Souveränität ist nicht ganz dasselbe wie Freiheit: Souveränität bedeutet, dass man die Freiheit hat, dem Staatenbund bestimmte Aufgaben zu übertragen und dass man die Freiheit hat, sie diesem Staatenbund auch wieder zu entziehen, wenn man findet dass das besser ist. Also Souveränität bedeutet, dass man über die eigenen Freiheiten selbst verfügen kann: Man kann sie einschränken, in dem man der EU bestimmte Aufgaben überträgt, man kann sie auch wieder erweitern, indem man die Aufgaben der Europäischen Union beschränkt, wenn man denkt, dass das den eigenen Interessen dienlich ist. Oder andersherum formuliert würde ich sagen, die Europäische Union soll - wenn sie ein Staatenbund von souveränen Staaten ist - für diese souveränen Staaten eben eine dienende Funktion haben; sie soll ihnen von Nutzen sein, aber sie soll keine beherrschende Funktion haben. [Beifall]

Und das ist glaube ich der springende Punkt in dieser Europawahl: Viele Meinungsforscher sagen voraus, dass in einer Woche beim Wahlgang/bei den Wahlen in der Europäischen Union die Parteien, die der jetzigen Entwicklung der Europäischen Union kritisch gegenüberstehen, die das skeptisch einschätzen, die denken, dass da Fehlentwicklungen im Gang sind, dass diese Parteien starke Stimmengewinne kriegen werden, auch in Deutschland bei der Alternative für Deutschland.

Ich glaube diese Tatsache, meine Damen und Herren, diese Tatsache kommt daher, dass immer mehr Bürger in Europa den Eindruck haben, dass die Europäische Union eben schon seit längerer Zeit nicht mehr ein Staatenbund ist, der den Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten vorrangig dient, sondern dass sich die Europäische Union verselbständigt und dass im Rahmen dieser Verselbstständigung sie immer stärker auch Herrschaftsansprüche ausübt. Und das wollen die Bürger nicht haben, meine Damen und Herren, deshalb dieser Europa-Skeptizismus. [Beifall]

Diese Herrschaftsansprüche, die äußern sich zum Teil in Kleinigkeiten. Und diese Kleinigkeiten hat man schon seit längerer Zeit beobachtet und die haben auch immer wieder mal für Verdruss gesorgt ohne dass die Bürger jetzt das als großes fundamentales Problem eingeschätzt haben. Das äußert sich zum Beispiel in diesem Regulierungswahn, der von der europäischen Ebene immer wieder ausgeht, wo irgendwelche Erlasse herausgegeben werden, die eingreifen in Lebensbereiche, von denen man gedacht hat, dass da also eine Regulierung eigentlich nicht so unbedingt dringend erforderlich ist. Da sind diese Sachen mit den Gurkenkrümmungen und dem Verbot von Glühbirnen und den Maßgaben, wieviel Watt nun ein Staubsauger haben darf oder den Aussagen darüber, wieviel Wasser in so eine Klospülung hineinpassen darf und ähnliche Dinge. Wo man der Auffassung ist, das es eigentlich nicht wirklich nötig ist, dass die Europäische Union nun festlegt, wie Honig beschaffen sein muß, nämlich mit einer elektrischen Leitfähigkeit von 0,8 Mikrosiemens pro Zentimeter. [Lachen] Die meisten von uns waren der Auffassung, der Honig hat auch so geschmeckt ohne das man das wußte und festlegen mußte.

Meine Damen und Herren, wir sind in Niedersachsen, und ich persönlich hab' als Bewohner der norddeutschen Tiefebene kein wirkliches Verständnis dafür, dass die Europäische Union festgelegt, dass jedes deutsche Bundesland, auch Niedersachsen, ein Seilbahngesetz erlassen muß [Lacher]. Es fehlt uns an den geeigneten Erhebungen; ich sehe die Berge in Niedersachsen nicht, für die ein solches Gesetz nötig wäre, außer dass ich in Niedersachsen natürlich Schuldenberge sehe und leider nicht nur in Niedersachsen sondern auch in Deutschland und in der Europäischen Union. [Beifall]

Meine Damen und Herren, die EU hat festgelegt, dass ein Kondom nur dann ein Kondom ist, wenn es mindestens 5 Liter Flüssigkeit aufnehmen kann [Lacher] und das trägt natürlich zur Erheiterung eines Publikums bei, aber ich will auch gleich hinzufügen, das ist kein entscheidender Punkt der Kritik an der Europäischen Union, sondern das sind kleinteilige Auswüchse einer überwuchernden Bürokratie die es dort gibt und die man beschneiden sollte und die man eigentlich auch beschneiden kann. Wo ich mich nur frage, warum eigentlich schon seit vielen vielen Jahren derartige Auswüchse kritisiert werden - und manchmal führen sie eben zu Verärgerung und manchmal führen sie zu Belustigung - aber die Parteien, die wir Jahr für Jahr oder Legislaturperiode für Legislaturperiode ins Europäische Parlament gewählt haben, die scheinen das nie umgesetzt zu haben, die haben nie etwas daran geändert. Dieser Charakter der Europäischen Union, der ist nie vom Parlament korrigiert worden, sondern es geht immer so weiter. Es kommen immer mehr derartige Verordnungen aus Brüssel und das kann nur bedeuten, dass die Parteien, die immer behaupten, das ihnen das eigentlich auch auf den Geist geht, dass die einen Mangel an Ernsthaftigkeit haben und sich tatsächlich längst damit abgefunden haben. Und dann denke ich, meine Damen und Herren, ist es auch in diesem Bereich Zeit für eine neue Partei, für die Alternative für Deutschland. [Beifall]

Nun gibt es aber auch Dinge, die wichtig sind; Herrschaftsansprüche, Souveränitätseinschränkungen, die durch die Europäische Union ausgeübt werden, die nicht solche Bagatellen sind, wie diese Regulierungen über die ich gerade sprach. Ich möchte hier jetzt einige Beispiele dafür heranführen, dass die Europäische Union wirklich in Kernbereiche unserer politischen Gestaltungshoheit eingreift. Und das erste Beispiel, was ich dafür zitieren möchte ist die Sozialpolitik. Die Sozialpolitik ist in den europäischen Verträgen ausdrücklich den Mitgliedsstaaten vorbehalten. Es ist ganz klar geregelt im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, dass die Sozialpolitik von den Mitgliedsstaaten selbst gestaltet wird und jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden kann, welche Leistungen er unter welchen Voraussetzungen an welche Bedürftigen in seinem Gebiet auszahlt. Die Europäische Union hat dort kein Gestaltungsrecht.

Aber nun ist es vorgekommen, dass in Deutschland ein polnischer Arbeitnehmer vorübergehend gearbeitet hat - wohl drei Monate lang, wohl als Erntehelfer - und dass dieser polnischer Arbeitnehmer dann bei der Familienkasse beantragt hat, dass er Kindergeld bekommt für seine Kinder - und der springende Punkt war aber, dass die Kinder sich gar nicht in Deutschland aufhalten. Also wenn die in Deutschland gewesen wären, wäre es gar keine Frage gewesen, selbstverständlich hätte der Kindergeld bekommen, so wie jeder andere ausländische Arbeitnehmer auch Kindergeld für seine Kinder bekommt. Aber in diesem Fall waren die Kinder eben in Polen, weil er nur vorübergehend bei uns tätig gewesen ist und die deutsche Familienkasse hat das abgelehnt. Die hat gesagt, nein, das stimmt mit unseren Vorgaben nicht überein, Kindergeld gibt es nur für Kinder, die es in Deutschland auch gibt. Und dagegen hat er dann geklagt dieser Arbeitnehmer, durch verschiedene Instanzen durch und ist zum Europäischen Gerichtshof gekommen und der Europäische Gerichtshof hat ihm Recht gegeben und hat gesagt, ja, weil dieser Arbeitnehmer Steuern gezahlt hat in Deutschland, hat er einen Anspruch auf Kindergeld und es ist unerheblich, wo sich seine Kinder befinden; also auch für in Polen befindliche Kinder muß das Kindergeld ausgezahlt werden.

Nun muss man sagen, dass das ein Urteil ist, was finanziell enorme Weiterungen hat, denn mit diesem Urteil des Europäischen Gerichtshofs haben jetzt alle Arbeitnehmer, die vorübergehend in Deutschland tätig sind, Anspruch auf Kindergeld - auch dann, wenn ihre Kinder gar nicht in Deutschland da sind. Das hat also zu einer Flut von Anträgen geführt bei deutschen Familienkassen und diese Familienkassen mussten diesen Anträgen allen stattgeben. Man schätzt, dass ungefähr, weil man den Antrag auf Kindergeld vier Jahre rückwirkend noch stellen kann, dass das ungefähr Kosten für die öffentliche Hand in Höhe von 400 Millionen Euro verursacht hat.

Und da reden wir jetzt also nicht mehr über Kleinigkeiten, sondern das ist eine massive Belastung des deutschen Sozialstaates. Schlimmer noch, es wird natürlich diese Rechtsprechung auch künftig sich Geltung verschaffen, d.h. man schätzt, dass künftig in jedem Jahr Ansprüche in Höhe von 200 Millionen Euro geltend gemacht werden für Kinder von temporär in Deutschland tätigen Arbeitnehmern, die sich aber in Deutschland nicht aufhalten; die Kinder halten sich in Deutschland nicht auf. Und das ist nun einfach eine Einschränkung der Souveränität Deutschlands in der Sozialpolitik. Die widerspricht den europäischen Verträgen. Hier hat der europäische Gerichtshof jetzt hineinregiert in die deutsche Sozialgesetzgebung, die eigentlich anders ausgelegt gewesen ist und wo es ja auch Gründe gibt, dass man diese Beschränkung eingeführt hat und gesagt hat, Kindergeld soll es nur geben für Kinder, die auch in Deutschland heranwachsen.

Der eine Grund ist der, dass wir mit dem Kindergeld natürlich eigentlich auch einen Anreiz setzen wollen dafür, dass junge Familien überhaupt Kinder bekommen, dass wir also die Kinderarmut, den Kindermangel, den wir in Deutschland haben, ausgleichen wollen oder zumindest dem entgegenwirken wollen mit dieser Förderung mit dem Kindergeld. Und weil wir ein Interesse daran haben, dass wir in Deutschland Kinder haben, ist es schon sinnvoll, dass man auch sagt, wir zahlen das Kindergeld eben für Kinder die in Deutschland aufwachsen und nicht für Kinder, die in anderen Ländern in Osteuropa aufwachsen. Das ist eine politische Entscheidung, die getroffen worden ist durch den deutschen Gesetzgeber und dann finde ich, ist es nicht hinzunehmen, dass eine europäische Instanz die korrigiert; das ist ein Eingriff in die Souveränität Deutschlands, den ich nicht bereit bin zu akzeptieren. [Beifall]

Es verbindet sich damit ja auch eine Ungerechtigkeit, denn Kindergeld in anderen Staaten, in Polen zum Beispiel, wird in viel geringerem Umfang gezahlt, als das bei uns der Fall ist. Also ein polnischer Arbeitnehmer, dessen Kinder jetzt Anspruch auf deutsches Kindergeld haben, der bekommt dafür 184 Euro für das erste und das zweite Kind pro Monat und wenn er mehr Kinder hat, dann steigen ja die Kindergeldsätze sogar noch, während in Polen an Kindergeld nur 20,- Euro bezahlt wird. Das heißt, es ist eine Ungleichbehandlung zwischen Kindern die alle in Polen sind - manche Kinder werden eben sehr sehr viel stärker gefördert, als die polnischen Kinder. Ich hätte durchaus Verständnis dafür, wenn man sagen würde, gut, der polnische Arbeitnehmer der arbeitet in Deutschland, der zahlt hier Steuern, dann soll der deutsche Staat auch das polnische Kindergeld übernehmen für die Dauer seiner Beschäftigung und soll das in dieser Höhe auszahlen, in der eben in Polen gegebenen Lebenshaltungskosten für Kinder, die es nunmal in Polen gibt, Kindergeld ausgezahlt wird. Das wäre gerecht, meine Damen und Herren, das in dieser Form zu machen. [Beifall]

Und das wäre auch insofern sinnvoll, als wir in Deutschland ja noch andere Probleme haben, die auch dagegen sprechen, dass man jetzt mit diesen Kindergeldzahlungen sehr großzügig ist. Und diese anderen Probleme betreffen zum Beispiel den Niedriglohnsektor in Deutschland, also Arbeiter, die geringe Qualifikationen haben. Niedrig qualifizierte Arbeiter sind wirklich die Verlierer der letzten 20 Jahre, weil sich die Löhne dieser Menschen besonders wenig nach oben entwickelt haben. [Beifall]

Wir haben da ein Problem, das kommt beispielsweise durch das Phänomen der Globalisierung, bei Menschen, die niedrige Qualifikationen haben, die in besonderem Maße dem Konkurrenzdruck ausgesetzt sind, der durch die Verstärkung des weltweiten Handels nun einmal eingetreten ist. Dieser Konkurrenzdruck hat sich auch bemerkbar gemacht in der Europäischen Union, dadurch dass wir die Osterweiterung hatten, dass also im Zuge dieser Osterweiterung viele Staaten Mitglied der Europäischen Union geworden sind, die einkommensmäßig weit unterhalb unseres Niveaus liegen, wo es da also Arbeitnehmer gibt, die großen Anreiz haben, in Deutschland erwerbstätig zu werden und die das eben auch können durch die Freizügigkeit, weil die Löhne, die in Deutschland gezahlt werden, selbst dann sie nach unseren Verhältnissen sehr niedrig sind, für diese Arbeitnehmer immer noch attraktiv sind.

Nun, das haben viele deutsche Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer ausländischer Herkunft die in Deutschland ansässig sind, schmerzhaft zu spüren bekommen, weil es dadurch einen Lohndruck gibt auf gerade die Niedrigqualifizierten. Weil auch Arbeitsplätze in Gefahr geraten dadurch, dass eben diese Konkurrenzsituation aufkommt, dass ausländische Arbeitnehmer kommen und für noch niedrigere Löhne zu arbeiten bereit sind. Wenn man jetzt reichlich Kindergeld zahlt für solche Arbeitnehmer, dann führt das natürlich dazu, dass deren Bereitschaft für Niedrigstlöhne zu arbeiten sogar noch zunimmt. Das heißt der Lohndruck auf die Geringqualifizierten der verstärkt sich dadurch, dass es jetzt nahezu Organisationen gibt, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer aus Ost-Europa dazu anregen, doch in Deutschland Arbeitsverhältnisse anzunehmen mit Minimallöhnen und dabei einfach versprechen, naja, ihr werdet dafür ja entschädigt durch das Kindergeld, dass ihr dann obendrauf noch bekommt. Das ist ein Problem für unseren Arbeitsmarkt und zwar insbesondere für die Sozialschwachen in Deutschland, dass sie stärker dem Lohndruck ausgesetzt sind, stärker um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes fürchten müssen, wenn diese Praxis der Auszahlung des Kindergeldes auch für Kinder von Arbeitnehmern, die in Deutschland gar nicht ansässig sind und hier gar nicht leben, wenn diese Praxis fortgeführt wird. Und da denke, das sind Aufgaben, also darüber muß sich der deutsche Staat jetzt Gedanken machen.

Und das muss vom Deutschen Bundestag entschieden werden, unter welchen Bedingungen wollen wir Kindergeld auszahlen und welche Auswirkungen hat das dann eben auch in anderen Bereichen der deutschen Gesellschaft, beispielsweise im Arbeitsmarkt im Bereich der Niedrigqualifizierten. Diese Fragen müssen gestellt werden, müssen beantwortet werden und das muß entschieden werden im Deutschen Bundestag und es geht nicht, dass der Europäische Gerichtshof sich dann da einmischt und die Entscheidungen für uns trifft. [Beifall]

Ich will ein zweites Beispiel für diese Form von Souveränitätseinschränkungen nennen und da geht es um das Freihandelsabkommen, was die Europäische Union abschließen möchte mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Vorausgeschickt sei, dass sie selbst sehr für freien Handel ist; die europäische Union ist gerade deshalb so erfolgreich und wird von uns ja bejaht – wir sind ja für die Europäische Union – weil die Europäische Union eben freien Handel befördert hat. Untereinander, durch Schaffung eines großen, sehr erfolgreichen Binnenmarktes. Der Binnenmarkt ist nichts anderes, als eine riesengroße Freihandelszone zwischen den 28 Staaten der Europäischen Union, und der führt dazu, dass die Konsumenten überall eine viel größere Produktauswahl haben, weil sie Waren ganz unterschiedlicher Herkunft im Angebot haben und wo die deutschen Unternehmen eben auch ihre Waren überall in diesem großen Binnenmarkt verkaufen können, so dass Arbeitsplätze in Deutschland gesichert werden oder vielleicht auch ausgebaut werden, also weitere Arbeitsplätze entstehen. Der europäische Binnenmarkt ist glaube ich die größte Errungenschaft der Europäische Union und wir hoffen sehr, dass dieser Binnenmarkt sich auch weiterhin gewährt und zu Wachstum und Wohlstand und Arbeitsplätzen in Europa beiträgt. [Beifall]

Insofern ist durchaus konsequent, dass die Europäische Union auch versucht im Rahmen von Freihandelsabkommen mit anderen Staaten Abkommen abschließen, so das sie eben auch an diesem Wohlstandsgewinn partizipieren können. Die EU hat ganz viele Abkommen abgeschlossen mit Staaten in Afrika und in der Karibik und im Pazifik und im südlichen Mittelmeerraum und jetzt machen sie das auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika und das wäre völlig in Ordnung, wenn sie sich darauf beschränken würde, dass sie freien Handel und Wettbewerb vereinbaren würde.

Aber im Rahmen dieses Freihandelsabkommens kommen eben auch andere vertragliche Vereinbarungen huckepack, die nicht gut sind und die Souveränitätseinschränkungen darstellen. Und ich möchte da beispielhaft erwähnen die Bestimmungen zum sogenannten Investorenschutz. Investorenschutz soll mit vereinbart werden im Rahmen dieses Freihandelsabkommens und dieser Investorenschutz wird sagen dass ein amerikanischer Investor, der zum Beispiel in Deutschland investiert oder – das ist ganz symmetrisch – ein deutscher Investor, der in Amerika investiert (aber ich bleib jetzt mal am Beispiel eines Amerikaners der in Deutschland investiert), dass dieser Investor, dann wenn es rechts Rechtsstreitigkeiten gibt mit der deutschen Regierung, diese Rechtstreitigkeiten nicht vor einem deutschen Gericht austragen muß, sondern vor einem so genannten Schiedsgericht, der einer Sondergerichtsbarkeit unterworfen ist. Dieses Schiedsgericht urteilt dann nicht nach deutschem Recht, sondern nach bestimmten Rechtsmaßstäben, die getrennt vereinbart werden. Und das ist gefährlich, wie ihnen folgendes Beispiel illustrieren kann:

Uruguay hat ebenfalls ein Freihandelsabkommen geschlossen und hat ebenfalls diese Schiedsgerichtsbarkeit vereinbart. Im Rahmen dieses Freihandelsabkommens hat der amerikanische Zigarettenkonzern Philip Morris ein Zigarettenwerk in Uruguay errichtet. Die produzieren da also Zigaretten und die verkaufen Zigaretten in Uruguay. Dann kam die Regierung von Uruguay auf die Idee, ein Nichtraucherschutzgesetz zu verabschieden. Und durch dieses Nichtraucherschutzgesetz sanken die Absätze von Philip Morris in Uruguay - und Philip Morris hat dann die Regierung von Uruguay auf Schadenersatz verklagt [Störklatschen von Gegendemonstranten] und zwar auf 2 Milliarden US-Dollar an Schadenersatz. Und über diese Schadensersatzforderung des amerikanischen Zigarettenherstellers entscheidet jetzt nicht etwa ein Gericht von Uruguay, obwohl es um Produktion geht, die in Uruguay stattfindet und obwohl es um ein Gesetz geht, das die Regierung von Uruguay auf regulärem Wege erlassen hat, sondern es entscheidet darüber ein Schiedsgericht. Das heißt, die Regierung von Uruguay steht jetzt vor der Unwägbarkeit, dass sie nicht weiß, wie die Entscheidung des Schiedsgerichts ausfallen wird. Und 2 Milliarden US-Dollar, das wäre schon für uns eine unglaubliche Menge Geld, aber für das kleine, arme Uruguay ist das natürlich ein horrender Betrag, der dort im Raum steht.

Das bedeutet, dass eine Regierung, die einer solchen Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen ist, immer bedenken muss, ob gesetzgeberische Maßnahmen, die sie eigentlich vorsehen möchte, die sie eigentlich beschließen möchte, ob diese Maßnahmen nicht eigentlich gegen die Interessen von ausländischen Unternehmen verstoßen und dann vielleicht Schadenersatzklagen nach sich ziehen, über die irgendein Gericht entscheidet, was nicht dem deutschen oder dem nationalen Recht unterworfen ist. Und das ist ein Risiko, denn das kann die Regierung dazu bewegen zu sagen, na dann erlassen wir diese Gesetze lieber nicht, weil uns das teuer zu stehen kommen kann. Das bedeutet also, die politische Entscheidungsfreiheit einer Regierung ist durch finanziellen Druck, durch den Druck der von diesen Schiedsgerichten geltend gemacht werden kann, eingeschränkt. Und dass ist ein Fall von Souveränitätseinschränkung, den man glaube ich nicht gering schätzen darf. Diese Art von Einschränkungen unserer Entscheidungsfreiheit wollen wir nicht haben, wir wollen, dass in Deutschland immer das deutsche Recht gilt und das auch deutsche Gerichte über dieses Recht urteilen, meine Damen und Herren. [Beifall]

Die Sache ist auch deshalb problematisch, weil natürlich dann, wenn ausländische Investoren in Deutschland nach einem anderen Recht geurteilt werden als inländische Unternehmen, weil ja kein freier Wettbewerb mehr besteht. Das ist sozusagen das Gegenteil dessen, was man mit einem Freihandelsabkommen eigentlich erzielen möchte. Man will ja den Wettbewerb stärken, aber dann muss es auch ein fairer Wettbewerb sein. Und wenn es nun ein ausländisches Unternehmen gibt und ein inländisches Unternehmen und beide produzieren dasselbe Produkt oder ähnliche Waren, stehen in Konkurrenz zueinander, dann muss auch dasselbe Recht für beide Unternehmen gelten. Es kann nicht sein, dass das eine Unternehmen, das inländische Unternehmen deutschem Recht unterworfen ist und dass ausländische Unternehmen ist nicht deutschem Recht unterworfen, sondern diesem Schiedsrecht. Das wäre eine Wettbewerbsverzerrung, und eine Wettbewerbsverzerrung ist das Gegenteil von dem, was man eigentlich mit einem Freihandelsabkommen beabsichtigt; deshalb lehnen wir das Freihandelsabkommen in dieser Form ab. [Beifall]

Ich werde ein drittes Beispiel von Souveränitätseinschränkung benennen, meine Damen und Herren, und hier geht es wieder um Europa und die Eurozone. Hier geht es um die Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit der Regierungen Südeuropas im Bereich der Wirtschaftspolitik und der Fiskalpolitik. Seit Beginn der Eurozone ist es so, dass Staaten wie Zypern und Griechenland und übrigens auch Irland und Portugal und Spanien, dass diese Staaten nicht mehr frei über ihre Wirtschaftspolitik entscheiden können und nicht mehr frei über ihre Fiskal- oder Finanzpolitik entscheiden können. Denn diese Staaten standen am Rande des Bankrotts - und sie stehen eigentlich immer noch am Rande des Bankrotts - und sie sind vor dem Bankrott geschützt worden, durch die Entscheidung der Regierung der Eurozone, die gesagt haben, ja, ihr seid überschuldet, aber wir stützten diese Überschuldung, ja wir erlauben sogar, dass noch weitere Schulden aufgenommen werden unter der Voraussetzung, dass ihr, diese betroffenen Staaten, Anpassungsmaßnahmen durchführt in eurer Wirtschaftspolitik und in eurer Finanzpolitik.

Und diese Anpassungsmaßnahmen die hatten es in sich. Jede einzelne für sich genommen, ist vielleicht gar nicht unsinnig gewesen oder jedenfalls manche von denen sind vielleicht nicht so unsinnig gewesen, aber in der Bündelung der Maßnahmen, die diesen Ländern jetzt auferlegt worden sind, haben sie sich als hoch problematisch erwiesen, weil sie diese Länder in eine ganz schwere Krise gestürzt haben. Das waren Maßnahmen, wo die Staatsausgaben radikal zusammengestrichen werden mussten. Wo öffentlich Bedienstete in großer Menge entlassen werden mussten. Wo die Löhne im öffentlichen Dienst stark gekürzt werden mussten. Wo die Renten der Rentner stark kürzt werden mussten oder zum Teil sogar völlig gestrichen worden sind.

Wo die Sozialausgaben stark zusammengestrichen worden sind, so dass Bedürftige die nötige soziale Unterstützung nicht mehr erhalten haben. Wo Infrastrukturinvestitionen nicht mehr erfolgt sind, weil die Regierung eben kein Geld hatte, so dass die Wirtschaftsleistung dieser Staaten nicht mehr durch entsprechende Infrastruktur gestützt und gefördert werden konnte. Wo öffentliche Aufträge an private Unternehmen nicht mehr erteilt wurden oder stark zusammengestrichen worden sind, so dass die privaten Unternehmen dann ihrerseits Beschäftigte entlassen mussten und das zu einer stark anwachsenden Arbeitslosigkeit geführt hat. Es war ein sehr hartes Bündel von Maßnahmen, was all diesen Krisenstaaten dort auferlegt worden ist durch ein Gremium, die so genannte Troika, was von niemandem jemals irgendwie anständig gewählt worden ist. Also die Troika besteht ja aus der europäischen Zentralbank und sie besteht aus der Europäischen Kommission und aus dem Internationalen Währungsfond und niemand hat diese Menschen dort gewählt, die jetzt wirtschaftliche Anpassungsprogramme für Griechenland und Zypern und Spanien und Portugal und Irland entwickelt haben, die diese Länder umsetzen müssen. Wo man den Parlamenten dieser Länder gesagt hat, ihr müsst das jetzt beschließen, sonst versagen wir euch unsere weitere Unterstützung und gibt es einen großen Wirtschaftszusammenbruch, dann werdet ihr abgewählt und seit euer Parlamentsmandat oder eure Ministerposten los.

Meine Damen und Herren, diese Parlamente hätten diese Maßnahmen nicht aus freien Stücken beschlossen. Das ist also wirklich eine Souveränitätseinschränkung der Mitgliedsstaaten der südlichen Eurozone. Sie hätten diese Maßnahmen aus freien Stücken nicht beschlossen, denn wenn sie sie aus freien Stücken beschlossen hätten, naja, dann hätte man ja keinen wirtschaftlichen Druck auf diese Länder ausüben müssen. Es ging ja sogar so weit, dass der Ministerpräsident von Griechenland einmal gesagt hat, naja, ich möchte mein Volk erstmal darüber abstimmen lassen. Dann hat er ein Referendum ausgerufen. Aber in dem Augenblick in dem das Wort seinen Lippen entflog vom Referendum, da intervenierten sofort die Staats- und Regierungschefs in Brüssel und sagten, das kommt überhaupt nicht infrage, das war nicht vereinbart, dass das griechische Volk darüber entscheidet, ob es diese Maßnahmen auch tatsächlich haben möchte, ob es sie unterstützt - und das Referendum musste abgesagt werden. Also hier haben wir Einschränkungen von Demokratie und Souveränität der südlichen Euro-Staaten, die wirklich an den Kernbereich der autonomen Entscheidungsfreiheit dieser Staaten heranrücken. Wo die Kompetenz für die Wirtschafts- und Fiskalpolitik von diesen Staaten verlagert worden ist auf die europäische Ebene. Und das meine Damen und Herren, ist ein Schritt hin zu einem solchen europäischen Überstaat, hin zu den Vereinigten Staaten von Europa, in denen künftig auch die Wirtschafts- und die Fiskalpolitik dann auf der europäischen Ebene maßgeblich gestaltet wird. Und genau diesen Schritt, meine Damen und Herren, den wollen wir nicht gehen. Diesen Integrationsschritt wollen wir nicht vollziehen, weil es eine weitere Integrationsmaßnahme wäre, die die Entscheidungsfreiheit, die Autonomie der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einschränkt und damit den Staat, den wir hier haben, überstellt und unserer eigenen Kontrolle entzieht. [Beifall]

Das ist, meine Damen und Herren, ja nicht so, dass sich das auf die südeuropäischen Staaten beschränkt. Wir haben auch schon erste Anzeichen dafür gesehen, dass die Staaten Mitteleuropas ebenfalls diesen Maßgaben aus Brüssel unterworfen werden sollen. Über Deutschland ist gesagt worden, dass Deutschland wirtschaftlich viel zu erfolgreich ist. Dass wir viel zu viel exportieren und viel zu wenig importieren, dass wir zu hohe Leistungsbilanzüberschüsse haben und dass wir jetzt etwas tun müssen gegen diese Wettbewerbsfähigkeit. Nun war vor einigen Monaten, das die europäische Kommission das gesagt hat, das ist mit dem Fiskalpakt nicht vereinbar, Deutschland darf nicht so wettbewerbsfähig sein und muss etwas gegen seine Wettbewerbsfähigkeit unternehmen. Zunächst mal ist das so freundlich als Empfehlung gesagt worden, aber es wurde dann auch gesagt, wenn Deutschland nicht gegen seine Wettbewerbsfähigkeit etwas unternimmt, wenn es im nächsten Jahr nicht besser ist, dann kann die europäische Union eben auch Maßnahmen verfügen, Zwangsmaßnahmen sozusagen, die gegen diese Wettbewerbsfähigkeit vorgehen und Deutschland ein bisschen mehr Richtung Mittelmaß drängen, damit die Spannungen in der Eurozone nicht so stark eintreten. Und in Bezug auf Frankreich wird das ja auch gesagt.

Da kommen ja auch die Vorhaltungen dann, die Franzosen haben ein viel zu hohes Staatsdefizit und die müssen was dagegen tun, sie müssen etwas dagegen unternehmen, weil die Spannungen in der Eurozone sonst zu stark werden. Das heißt, die europäische Union reklamiert auch hier Kontrollbefugnisse in Bezug auf die Wirtschafts- und Fiskalpolitik bei Staaten wie Deutschland und Frankreich, die ja gar nicht unter irgendwelchen Rettungsschirmen sind. Und das ist jetzt ein sehr kritischer Punkt, denn wenn man nicht mehr die Kontrolle über seine Wirtschafts- und Fiskalpolitik hat, dann hat man auch nicht mehr die Kontrolle über seine ausgabenintensiven Politikbereiche. Also wenn man nicht mehr die Kontrolle über die Einnahmen hat, die man dadurch erzielt, dass man die Wirtschaft besteuert oder die man dadurch erzielt, dass man Steuersätze selbst festsetzen kann im Rahmen der Finanzpolitik, der Fiskalpolitik, wenn man die Kontrolle über die Einnahmen nicht mehr hat, dann hat man auch nicht mehr die Kontrolle über die Ausgabenbereiche, die eben halt auch Geld kosten.

Also wenn man in bestimmten Politikbereichen mehr an Ausgaben tätigen will, beispielsweise: Wir wollen mehr ausgeben für die innere Sicherheit. Wir sagen in Deutschland ist die innere Sicherheit nicht ausreichend finanziert, die Polizei braucht mehr Personal, sie braucht mehr sachliche Unterstützung, [Beifall] dann fehlt uns dafür die Autonomie: Wir haben's nicht mehr in der inneren Sicherheit, wir haben's nicht mehr in der Familienpolitik, wir haben's nicht mehr in der Umweltpolitik, wir haben's nicht in der Sozialpolitik, wir haben's nicht in der Arbeitsmarktpolitik, wir haben's nicht in der Bildungspolitik...,  wo immer die Sachen Geld kosten haben wir diese Autonomie dann nicht mehr, wenn die Europäische Union die Kontrolle über unser Einnahmen, über unsere Wirtschaftts- und Fiskalpolitik erlangen sollte - und die EU möchte das, und die Chefarchitekten der EU wollen das so. Ich will's Ihnen folgendermaßen belegen: Herr Schäuble hat vor ungefähr sechs oder sieben Wochen ein Interview gegeben im Handelsblatt. Und dort hat er folgendes gesagt, ich zitiere aus dem Gedächtnis: "Nach den Europawahlen wird das Thema Vertragsänderungen wieder auf den Tisch kommen. Die Bundesregierung wird sich für institutionelle Verbesserungen einsetzen. Die Eurozone braucht eine gemeinsame Wirtschafts- und Fiskalpolitik." Also das ist genau dieses Vorhaben: Die europäische Wirtschaftsregierung. Und Herr Schäuble umreißt das ganz klar: Nach der Europawahl möchte er die europäischen Verträge ändern. Und dann möchte er in die europäischen Verträge neue Institutionen einfügen. Er möchte neue Institutionen verankern in den europäischen Verträgen und diese neuen Institutionen auf der europäischen Ebene - also neue Institutionen neben Europäischer Kommission, neben dem Rettungsschirm ESM, neben der Bankenunion, neben der Europäischen Zentralbank, neben dem Europäischen Gerichtshof - neue Institutionen sollen zuständig sein für eine gemeinsame Wirtschafts- und Fiskalpolitik der Europäischen Union bzw. den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Das, meine Damen und Herren, ist genau das, was wir nicht wollen. Das ist die Wirtschafts- und Finanzregierung in Europa, auf die Herr Schäuble, auf die die CDU, auf die die Altparteien zustreben, weil sie die Vereinigten Staaten von Europa als Vision haben. [Beifall]

Meine Damen und Herren, diese Sache hat eine gewisse Pointe insofern, als die Regierung zurzeit ja Land auf Land ab erklärt, dass die Eurokrise angeblich vorbei ist. Das stimmt nicht, wie ich Ihnen gleich noch sagen werde. Sie behauptet, die Eurokrise klinge ab und siehe da, die Regierung hat, auch wenn vieles schiefgegangen ist, doch letzten Endes alles irgendwie richtig gemacht; dieser Eindruck wird vermittelt. Wenn das aber der Fall wäre, wenn die Euro Krise vorbei wäre, meine Damen und Herren, dann müsste Herr Schäuble nicht sagen, die Eurozone braucht eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik. Denn wenn er sagt, wir brauchen neue Institutionen, die die Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Europäischen Union koordinieren, dann sagt er damit ja gerade die Krise ist nicht vorbei. Er sagt, die Krise ist nicht vorbei und deshalb brauchen wir neue Institionen, die die Krise irgendwie unter Kontrolle hält, deshalb braucht man diese Europäische Wirtschaftsregierung. Wenn es der Fall wäre, dass die Krise vorbei wäre, dann könnte man jetzt sagen, schön, dann ist ja alles richtig gelaufen, dann haben die Instrumente funktioniert, die wir aufgebaut haben, dann kann die Eurozone mit diesen Instrumenten weitermachen, dann kann sie sozusagen so weiterwirtschaften, wie sie bis 2007 gewirtschaftet hat, wir haben Fehlentwicklungen korrigiert und jetzt ist alles wieder in Butter und der Euro funktioniert.

Aber genau das ist es, was Herr Schäuble bestreitet. Herr Schäuble sagt in seinem Interview, nein, die Eurozone braucht Vertragsveränderungen, sie braucht neue Institutionen und diese neuen Institutionen müssen an diesen Kernbereich der Souveränität der Einzelstaaten heran, nämlich an die Kontrolle über die Wirtschafts- und Finanzpolitik, sonst, so sagt Herr Schäuble implizit, funktioniert der Euro nicht, sonst können wir ihn nicht retten. Das heißt, Herr Schäuble sagt implizit, die Eurokrise ist nicht nur nicht vorbei, sondern er sagt auch, sie ist permanent. Denn nur wenn die Krise permanent ist, dann macht es Sinn Institutionen zu bauen, die dann ihrerseits permanent sein werden, sonst könnte man sich mit temporären Maßnahmen begnügen. Herr Schäuble ist also sozusagen derjenige, der ganz klar macht in diesem Interview, die Krise ist nicht vorbei, und ja, er braucht die Krise, um Europa hin entwickeln zu können zu den Vereinigten Staaten von Europa. Sie kommt ihm eigentlich ganz gelegen, diese Art von Krise, denn nur damit kann er seine Vision von Europa erreichen und nur so können die Altparteien dieser Lösungsstrategie folgen, dass man eben Schulden vergemeinschaftet, die Staatsschulden vergemeinschaftet, die Bankschulden vergemeinschaftet und die Staaten ihrer Autonomie im Bereich der Wirtschafts- und Fiskalpolitik beraubt, damit letzten Endes alles zentral und in Brüssel kontrolliert und entschieden werden kann.

Das, meine Damen Herren, ist der eine Weg. Das ist der eine Weg, den man gehen kann, wenn man an Zentralismus glaubt. Wenn man an die Kontrolle glaubt, die zentral ausgeübt werden kann und die dann angeblich funktioniert, wenn man versucht Maßnahmen in den einzelnen Mitgliedsstaaten umzusetzen. Ich persönlich glaube nicht daran, dass das funktionieren wird. Wir haben schon jetzt erlebt, dass die Maßnahmen, die in Brüssel beschlossen worden sind für Griechenland oder für Spanien oder für Portugal, dort nur sehr unbefriedigend umgesetzt wurden. Dass die Verwaltung sich dagegen gesträubt hat, dass die Bürger aufbegehrt haben gegen das, was als Diktat durch Brüssel empfunden wird. Ich glaube es ist nicht gut, wenn die Verantwortung für ein Land nicht bei den Politikern liegt, die in diesem Land gewählt werden. [Beifall] Wenn Griechenland Veränderungen will, dann müssen griechische Politiker sagen, wir wollen die Veränderungen. Wir leiten die Maßnahmen ein, die notwendig sind, wir stehen dafür ein, dass diese Maßnahmen richtig sind, wir verantworten diese Maßnahmen. Das heißt, diese Politiker, die müssen sich hinstellen und sagen, ja es sind wir, die das wollen und wir tun es im Interesse unseres Volkes. Damit gewinnen sie Glaubwürdigkeit, meine Damen und Herren. Wenn man sich aber versteckt hinter irgendwelchen Technokraten in Brüssel, wenn man als griechischer Politiker sagen kann, das, was wir hier machen und was schwer ist für unser Land, das ist ja angeordnet worden in Brüssel und wir hätten's freiwillig nie beschlossen, tatsächlich sind es ja irgendwelche Eurokraten, die uns das aufgenötigt haben und die sind an allem schuld, dann wird man auch nicht den Veränderungs- und Reformwillen in der Bevölkerung finden, den man muss als gutes Vorbild vorangehen. Man darf sich nicht hinter dem Rücken anderer verstecken, die man sozusagen als Sündenböcke vorschiebt. Das, meine Damen und Herren, ist keine verantwortliche Politik. [Beifall]

Überdies, meine Damen und Herren, ist es natürlich auch so, wenn man wirklich diese Politik der Schuldenvergemeinschaftung geht, die Herrn Schäuble und der CDU und den anderen Altparteien vorschwebt, der SPD mit ihren Eurobonds und den Grünen, wenn man diese Politik geht, dann bedeutet das natürlich, dass man sozusagen dauerhaft die Eurozone spaltet in bestimmte Länder, die sind Geberländer und bestimmte Länder, die sind Nehmerländer. Wir werden dann also aus der Europäischen Union, die bislang eine Wachstumsgemeinschaft war, eine Umverteilungsgemeinschaft machen; eine bestimmte Gruppe von Staaten zahlt und eine andere Gruppe von Staaten empfängt. Und das hat sogar eine gewisse Berechtigung, weil der Euro eine bestimmte Gruppe von Staaten am wirtschaftlichen Wachstum hindert, weil er sich als schädlich für die Wirtschaftssituation in diesen Staaten herausstellt und weil diese Staaten dann sagen, naja wenn wir aber im Euro drin sind und wenn wir durch den Euro in unserer Wettbewerbsfähigkeit behindert werden, denn erwarten wir zumindest, dass die anderen Staaten und stützen, das heißt, dann erwarten wir, dass wir Zahlungen bekommen oder Schuldenübernahmen bekommen - in irgendeiner Form das bekommen, was man dann manchmal als Solidarität glorifiziert. Nur meine Damen und Herren, wenn man aus der Europäischen Union eine Umverteilungsgemeinschaft macht, dann wird es natürlich auch immer Streit geben. Dann werden die Geberländer immer denken, sie zahlen zu viel, und die Nehmer Länder werden immer denken, sie kriegen zu wenig. Das bringt die Natur der der Sache so mit sich. Das heißt, dann haben wir gerade das, was die Europäische Union eigentlich sein soll, nämlich ein Werk der Völkerverständigung, wo der Frieden und das konstruktive Miteinander der Völker mit befördert wird, das erreichen wir dann nicht, sondern dann versiegt die Europäische Union in Verteilungskämpfen und Auseinandersetzungen. Das ist also der europäischen Idee eigentlich zuwiderlaufend und deshalb glaube ich, dass diese Vision von Europa, die auf die Umverteilung, auf den europäischen Bundesstaat hinausläuft, dass diese Vision von Europa falsch und schädlich für Europa ist. [Beifall]

Die alternative Vorstellung, die einzig andere logisch-denkbare Möglichkeit, ist die, die wir als Alternative für Deutschland formulieren. Die alternative Möglichkeit ist die, dass wir sagen, wir wollen eben nicht hin zu der Umverteilungsgemeinschaft; zu der Gemeinschaft, die die Staatsschulden und die Bankschulden auf alle Schultern gleichmäßig verteilt, sondern wir wollen die EU als einen Staatenbund aus souveränen Staaten behalten und das bedeutet, dass jeder einzelne Staat auch verantwortlich ist, für das was er selbst beschlossen hat. Und das, meine Damen und Herren, erfordert Anpassungen an den europäischen Verträgen, denn ursprünglich war es zwar so gedacht, dass jeder Staat verantwortlich ist für seine eigenen Schulden, ursprünglich hat man uns das auch versprochen, dass es so sei, aber es hat sich herausgestellt, dass man das, was im Maastricht-Vertrag verankert worden ist und was sich heute im AEU-Vertrag [www.aeuv.de] findet, dass man das eben nicht respektiert hat, weil es zu sehr 'Wischi-Waschi' formuliert gewesen ist. Das heißt, wir müssen die europäischen Verträge ändern, aber nicht so, wie Herr Schäuble das machen will. Nicht so, dass das wir neue Institutionen schaffen neben den zahlreichen Institutionen, die wir auf der europäischen Ebene schon haben, sondern an der Stelle, an der eigentlich von Anfang an hätte besser gearbeitet werden müssen. Wir müssen die so genannte Nichtbeistandsklausel schärfer formulieren und hineinschreiben, "Es ist in der Europäischen Union in der Euro-Zone strikt verboten, dass ein Staat zahlt für die Schulden eines anderen Staates oder für die Schulden der Banken dieses anderen Staates." [Beifall]

Es muss ganz klar sein: Es gibt künftig keine Schuldenübernahmen durch andere Staaten mehr, weil wir das Prinzip der Verantwortung aufrechterhalten wollen. Jeder Staat soll verantwortlich sein für das, was er fiskalisch geschlossen hat. Niemand soll für die Schulden eines anderen Staates zahlen oder haften oder dulden. Das muss in den europäischen Verträgen in einer nicht mehr bestreitbaren Form verankert werden. Und dann muss eine zweite Änderung durchgeführt werden und diese Änderung muss sozusagen das Souveränitätsprinzip der europäischen Mitgliedsländer anerkennen und muss sagen, "weil alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union souverän sind, sind sie auch frei darüber zu entscheiden, ob sie dem Euro als gemeinsamer Währung angehören wollen oder ob sie das nicht wollen". Das heißt, jeder Staat muss auch aus dem Euro wieder austreten dürfen. Zurzeit ist das leider nicht der Fall. [Beifall]

Und das ist alles, was erforderlich ist, mehr ist nicht nötig. Oft wird mir irgendwie unterstellt oder der Alternative für Deutschland unterstellt, wir wollten die südeuropäischen Staaten aus dem Euro rausschmeißen. Nein, das wollen wir gar nicht, wir können es auch gar nicht, es gibt gar keine rechtliche Möglichkeit, einen Staat aus dem Euro herauszuschmeißen. Doch wir wollen, dass diese Staaten selbst darüber entscheiden können. Diese Staaten sollen sich ein Bild über ihre eigene wirtschaftliche Situation, über ihre Wettbewerbsfähigkeit machen und wenn sie sagen, wir wollen aus dem Euro raus, denn soll man Reisende nicht aufhalten. Wenn sie sagen, sie wollen im Euro bleiben, weil sie denken, der Wettbewerbsdruck ist vielleicht auch heilsam und der führt dazu, dass man gegenüber der Bevölkerung argumentieren kann, dass man strukturelle Veränderungen in diesem Staat machen muss, das man sich reformieren muss, dass man besser werden muss um mithalten zu können mit den anderen Staaten der Eurozone, wenn sie also glauben, der Euro ist gut für sie, dann sollen sie im Euro bleiben dürfen. Aber sie sollen das tun in dem Wissen, dass sie für die Schulden ihres Staates und für die Schulden ihrer Banken dann selber haften müssen. [Beifall]

Nun, meine Damen und Herren, das ist einfach eine sachliche Alternative zu dem, was die Regierungsparteien wollen. In einer demokratischen Wahl wäre es jetzt das Normalste, dass man sagt, gut, es gibt zwei Möglichkeiten; und tatsächlich glaube ich, gibt es im Wesentlichen wirklich diese beiden Möglichkeiten: Entweder eben den Weg hin zu einem europäischen Bundesstaat mit Schuldenvergemeinschaftungen und Transfers und all diesen Dingen mit einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung oder oder es gibt eben das Prinzip, dass man eben die EU als Union souveräner Staaten bejaht und erhält und das Prinzip der Verantwortlichkeit für die Schulden eben auch bei den Einzelstaaten beläßt. Das ist die eine große Entscheidung, die man treffen kann zwischen diesen beiden Alternativen. Und nichts wäre normaler, als das in einem Europawahlkampf genau diese beiden Alternativen dem Volk verständlich dargelegt werden, so dass das Volk entscheiden kann. Das in dieser Europawahl, diese sehr wesentliche Entscheidung zu treffen ist. Im Volk gibt es so ein bisschen auch das Gefühl, die Europawahlen sind nicht so wichtig, da wird ja nur vielleicht über Gurkenkrümmungen und über Klospülungen und ähnliche Dinge entschieden; nein, meine Damen und Herren, bei dieser Europawahl ist es anders: Bei dieser Europawahl entscheiden wir über die Zukunft der Europäischen Union. Wir entscheiden darüber, ob wir den Weg in den europäischen Bundesstaat gehen wollen; Ja oder Nein! Diese Entscheidung hat es vorher nicht gegeben bei einer Europawahl. [Beifall]

Es wäre nichts normaler, als das man dem Bürger das darlegt und dann kann der Bürger eben darüber entscheiden. Aber das genau passt den Regierungsparteien wieder nicht. Frau Merkel hat es ja schon ganz deutlich gemacht, als sie zu Beginn der Euro-Rettungspolitik ihre Politik für alternativlos darbot. Als sie sich hingestellt hat, als sei sie der Papst von Rom gesagt hat, ich bin unfehlbar, das ist hier alternativlos, was ich hier mache, die Bürger müssen gar nicht erst drüber nachdenken, ob es vielleicht auch anders ginge. Es war geradezu ein Denkverbot, was damit ausgesprochen gewesen ist, das kritische Denken sollte ausgeschaltet bleiben und Frau Merkel wollte das Meinungsmonopol haben. Meine Damen und Herren, damit haben wir ihr, Gott sei Dank, einen Strich durch die Rechnung gemacht, als wir die Alternative für Deutschland gegründet haben. [Beifall]

Wir haben ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber mit einer kleinen Partei, die aus dem Nichts heraus entstanden ist, war es auch schwer sich bekanntzumachen und sich durchzusetzen und mit den Bürgern zu kommunizieren, den Bürgern unser Anliegen verständlich zu machen, weil die Regierungsparteien natürlich nach allen Kräften dagegenhalten. Die erste Strategie war die, dass man versucht hat, uns einfach zu verschweigen, wie man uns überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen wollte, wie man den Eindruck erwecken wollte, es gäbe es diese Alternative nicht, die sich in einer neuen Partei nun einmal ausdrückt. Das ist glaube ich so einigermaßen gescheitert, denn die AfD ist unübersehbar, wenn ich durchs Land fahre: Überall leuchten mir die blauen Plakate entgegen und die Bürger sehen, es gibt eine Alternative Partei. Aber dann kam eben der Bekämpfungsplan B und dieser Plan besteht darin, dass man die Alternative für Deutschland nach Kräften verunglimpft, diffamiert und diskreditiert. Und das ist eine ganz infame Strategie, meine Damen und Herren, die einer demokratischen Gesellschaft nicht würdig ist. [Beifall]

Meine Damen und Herren, die Regierungsparteien versuchen gar nicht erst, sich sachlich mit uns auseinander zusetzen, sondern sie versuchen - und leider werden sie damit auch zum Teil von den Medien unterstützt - sie versuchen uns in die rechte Ecke zu drücken, uns irgendwie als Rechtspopulisten oder als Rechtsradikale oder als Extremisten oder ähnliches darzustellen. Meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als ein Armutszeugnis was besagt, dass es der Regierung an Argumenten gebricht. Es ist aber ein Machtmissbrauch, meine Damen und Herren, denn inzwischen schrecken selbst Ministerpräsidenten nicht davor zurück, sich für diese Strategie herzugeben:

Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, eine Frau, die als Ministerpräsidentin immerhin auch mehr als 5 % AfD-Wähler vertritt, wenn man auf die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl schaut, die Ministerpräsidentin des Saarlandes hat sich hingestellt und hat behauptet, die AfD sei eine Partei am Rande der Verfassungsfeindlichkeit. Meine Damen und Herren, wie kommt die Frau dazu? Wir haben ihr sofort einen Brief geschrieben und haben ihr unsere Programmatik geschickt, unser Europawahlprogramm und unsere politschen Leitbilder und haben sie gefragt: Bitte Frau Kramp-Karrenbauer, legen Sie das mal dar, wo ist hier irgendetwas, was am Rande der Verfassungsfeindlichkeit sein könnte? Wir haben natürlich keine Antwort darauf bekommen. Sie hatten nie irgend einen Beleg dafür beigesteuert. Sie hat ihre Position als Ministerpräsidentin dafür ausgenutzt, uns zu verunglimpfen, meine Damen und Herren, uns in Verruf zu bringen. Und das hat sie nicht alleine getan, sondern der Ministerpräsident von Sachsen hat sich jetzt ähnlich geäußert: der hat in einem Interview gesagt, die Forderungen von der AFD glichen denen von Linker und NDP. Die Gleichsetzung von Linker und NPD finde ich im übrigen ganz interessant, ja, aber allein uns in die Nähe der NPD zu rücken, ist einfach eine Unverschämtheit, meine Damen und Herren. [Beifall]

Wir müssen das jetzt mal klar sagen: Die NPD ist eine Partei, die ist antiparlamentarisch, die lehnt die Bundesrepublik Deutschland als einen demokratischen und sozialen Rechtsstaat ab. Das ist eine Partei, die ist biologistisch und sie rassistisch. Das ist eine Partei, die wirklich absolut inakzeptabel ist und die mit keiner demokratischen Partei, auch nicht mit der Linken, irgendetwas gemein hat; schon gar nicht hat sie irgendetwas mit der Alternative für Deutschland gemein. [Beifall]

Nur frage ich mich dann, meine Damen und Herren, warum müssen unsere Gegner zu solchen Mitteln greifen. Warum können sie nicht akzeptieren, dass es Meinungen gibt, die anders sind als die ihre. Warum müssen sie jeden, der eine andere Meinung hat als sie selbst, dem Verdacht aussetzen, dass sie irgendwie rechts seien. Selbst den Piraten ist es so passiert. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern; die Piratenpartei ist auch, als sie entstanden ist, diesen Verunglimpfungen ausgesetzt gewesen, dass sich irgendwie Rechtsextremisten in ihren Reihen bewegen würden.

Das ist geradezu ein Selbstverteidigungsreflex augenscheinlich der etablierten Parteien, dass sie, wann immer irgendjemand ankommt der es wagt ihnen zu widersprechen, erstmal den Verdacht äußern, dass derjenige rechts ist und versuchen, das so stark wie möglich zu pushen in der Öffentlichkeit, um den politischen Gegner in Verruf zu bringen um zu verhindern, dass er das Vertrauen der Bevölkerung gewinnt und damit möglicherweise bei den Wahlen eben auch Zustimmung findet in der Bevölkerung. Das ist eine infame Strategie, die hier von den politischen Gegnern gefahren wird und mancher von Ihnen mag sich vielleicht angesichts den Schmähungen, denen wir ausgesetzt sind, denen wir als Partei ausgesetzt sind oder denen sie als Unterstützer oder Wähler ausgesetzt sind - immerhin 2 Millionen Menschen, die uns bei der Bundestagswahl gewählt haben am 22. September, die diesen ganzen Schmähungen ausgesetzt sind, wo die Leute sich dann fragen, ja warum müssen wir uns das eigentlich antun? Warum wird uns so etwas zugemutet? Warum müssen wir uns dem aussetzen, dass wir mit solchen ehrrürigen Vergleichen beleidigt werden? Könnte man dann nicht vielleicht auch sagen, naja, also wenn das so ist, wenn hier ein solches Meinungsklima erzeugt wird, wo politisches Engagement nur mit Schmähungen belohnt wird, könnte man dann ja auch sagen, vielleicht kommt's auf mich nicht so an und ich ziehe mich zurück und ich gehe in mein Privatleben und ich hatte es da eigentlich auch ganz schön. Nein, meine Damen und Herren, das dürfen wir natürlich nicht machen, denn dann würde der politische Gegner ja gerade den Erfolg haben, den er mit infamen Methoden sucht! Das geht grade nicht, meine Damen und Herren, den Erfolg werden wir ihm nicht geben. [Beifall]

Wir müssen ganz klar machen, dass, wer zu diesen billigen Tricks greift, wer zu diesen wirklich gemeinen Methoden greift, um einen politischen Gegner, der anders denkt als er selbst, um diesen Gegner zu verunglimpfen und in Misskredit zu bringen, dass der, der das tut das Gegenteil von dem erreichen wird, was er eigentlich beabsichtigt. Der eben nicht erreichen wird, dass wir resignieren und kapitulieren, sondern das wir unsere Anstrengungen verdoppeln und dass wir unseren Einsatz steigern, meine Damen und Herren, und das wir mit besonderer Motivation für unsere Ziele arbeiten, meine Damen und Herren! [Beifall]

Meine Damen und Herren, wir müssen zeigen, dass uns diese Angriffe nur zusammenschweißen und dass es beim politischen Gegner bewirkt, dass wir mit besonderer Überzeugungskraft für unsere Ansichten werben. Denn unsere Ansichten sind wichtig, meine Damen und Herren, und sie sind richtig. Sie sind bedeutend für unser Land und sie sind bedeutend für Europa, für den Zusammenhalt der Europäischen Union und ihren Erfolg in der langen Perspektive - und sie sind wichtig für unsere Kinder, für die Zukunft unserer Kinder. Und deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie uns zusammenstehen, lassen Sie uns zusammenstehen und lassen den politischen Gegner zeigen, dass wir für diese Ansichten kämpfen, dass wir dafür werben und dass wir allen Bürgern in Deutschland zeigen, dass es hier noch Menschen gibt, die ein Rückgrat haben." [Beifall]


Den Artikel zur Veranstaltung finden Sie hier:
http://www.derfreiejournalist.de/?e=40

Die Fotogalerie zur Veranstaltung finden Sie hier:
http://www.fotos.derfreiejournalist.de/Veranstaltungen/2014/20140517/index.html



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