Landeszentrale für politische Bildung beschlossen: Sexuelle Vielfalt drin, Linksradikalität und Extremismusbegriffe draußen
Hannover. Der niedersächsische Landtag hat in seiner Sitzung am 14.04.2016 einvernehmlich die Gründung einer Landeszentrale für politische Bildung beschlossen, die noch dieses Jahr mit einer Million Euro an den Start gehen wird. Nachfolgend einige Originalzitate aus dem Landtagsplenum:
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Zitate zu TOP 16:
„Demokratie braucht politische Bildung“ - Niedersachsen braucht wieder eine Landeszentrale für politische Bildung“
Marco Brunotte, SPD:
Sprecher für Wohnungs- und Baupolitik, für Justizvollzug und Straffälligenhilfe
„Ich freue mich ganz besonders, dass zu diesem Tagesordnungspunkt das Präsidium durch den Vorsitzenden des Landesverbandes der Volkshochschulen [MdL Klaus-Peter Bachmann (SPD)] gestellt wird und wir sozusagen einen Teil der Träger der Erwachsenenbildung hinter uns haben."
„Niedersachsen braucht eine Landeszentrale für politische Bildung – und Niedersachsen wird eine Landeszentrale für politische Bildung bekommen!“
„Es war ein Freitag, der 13-te, zu dem wir das hier eingebracht haben – vielleicht hat das ja eine Wirkung gehabt.“
„Ich will mich ganz herzlich bedanken bei den Kollegen und Kollegen, die daran mitgewirkt haben, namentlich genannt für die Grünen Julia Willi Hamburg, für die FDP Christian Grascha und für die CDU Jörg Hilmer.“
„Ein zentrales Element und ein richtiges Zeichen in dieser Zeit.“
„Eine Landeszentrale, die aufzeigt, was aktuell in der Gesellschaft passiert, die sich für Partizipation, aber auch geschichtliche Orientierung und historische Verantwortung stark macht, die Grundwerte vermittelt, für unsere Verfassung wirbt und gleichzeitig gesellschaftliche Entwicklungen aufnimmt.“
„Der gemeinsame Beschluß, den wir hier heute als Niedersächsicher Landtag fassen werden, ist aber auch zugleich eine Verpflichtung des Parlamentes in Gänze. Er verpflichtet uns dafür zu sorgen, dass das, was 2004 zur Abschaffung der Landeszentrale geführt hat, nicht wieder eintritt. Er verpflichtet uns, das Parlament als Gewährsträger zu sehen für diese Landeszentrale. Und er verpflichtet uns gemeinsam aus dem Parlament auch eine politische Kultur zu tragen, die für diese Landeszentrale wichtig ist und diese Landeszentrale als eine lernende Organisation begreift, die sich weiterentwickelt.“
„Diese Landeszentrale soll – und das ist uns besonders wichtig – überparteilich, eigenständig und unabhängig sein. Sie soll mit einem Kuratorium ausgestattet werden, dass Zivilgesellschaft und Sozialpartner einbindet. Und dieses Kuratorium – und auch das war Ergebnis unserer gemeinsamen Beratungen – soll klare Kompetenzen und Aufgaben zugewiesen bekommen und ist somit auch ein wichtiges Instrument für diese Landeszentrale.“
„Wenn wir uns die Aufgaben dieser Landeszentrale für politische Bildung ansehen, dann muß man feststellen – und ich glaube auch das ist etwas, auf das wir in Niedersachsen sehr stolz sein können – Niedersachsen hat unzählige Akteure in der politischen Bildung, in der Ewachsenenbildung, die dieses Land bereichern. Und allein die Träger der Erwachsenenbildung erreichen jährlich mehr als 100.000 Menschen pro Jahr. Insgesamt stehen 10 Millionen Euro für politische Bildung zur Verfügung. Wir wollen die, die sich schon jetzt sehr erfolgreich um das Thema bemühen und Arbeiten mit einbeziehen, mit ihnen zusammenarbeiten; sie einladen, Teil unserer Landeszentrale zu werden und uns mit ihnen vernetzen.“
„Die neue Landeszentrale soll Impulsgeber werden, vordenken und neue Formate entwickeln. Sie soll – und das ist wichtig für ein Land mit 8 Millionenen Einwohnern auf großer Fläche – dezentral arbeiten und in allen Landesteilen sichtbar sein. Sie soll Dienstleister werden, Lust auf Demokratie machen, Landesspezifische Gegebenheiten aufgreifen, und dabei transparent sein. Das ist etwas, was uns für die Arbeit der Landeszentrale sehr wichtig ist. Sie soll Synergien aufgreifen und nutzen und wir haben mit dem Haushalt für das Jahr 2016 erste finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Eine Million bedeutet, dass wir einen guten Start für diese Landeszentrale bekommen werden und dann geht’s darum, das weiterzuentwickeln. Sie soll sich – und auch das ist natürlich die Frage für eine Landeszentrale, die sich im Bereich Medienkompetenz auch bewegen soll – mit neuen Formaten, wie Internet, neue Medien nutzen.“
„Sie soll sich in vielen Themengebieten bewegen, mit Themen, die vielfältig sind. Sie soll sich mit Geflüchteten auseinandersetzen, sie soll sich mit Fluchtursachen, Rechtsextremismus und -populismus, Salafismus, Antisemitismus. Sie soll für Kommunalpolitik genauso werben wie für die Beteiligung. Sie soll sich mit dem Thema Sexuelle Vielfalt genauso auseinandersetzen wie mit der freien Wirtschaft. Und wir wollen ihr – und ich glaube, auch das ist wichtig – die Luft lassen, sich zu entwickeln, Themen zu finden, die in Niedersachsen auf Interesse treffen, Veranstaltungsformate finden, die auf Interesse treffen; wir wollen ihr das Vertrauen entgegenbringen, dass diese Landeszentrale ihren Weg gehen wird, begleitet durch das Parlament, durch das Kuratorium, aber dass wir sie in Teilen dann auch loslassen.“
„Eine Werbeagentur für unsere Demokratie – und wir freuen unso mehr, dass dieses heute hier mit einem Beschluß aller Fraktionen im Niedersächsischen Landtag möglich wird.“
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Jörg Hillmer, CDU:
„Die politische Bildung und der Schutz der Demokratie müssen aus der Mitte der Gesellschaft und auch aus der Mitte dieses Landtages heraus gestaltet und getragen werden. Das ist unsere feste Überzeugung und davon haben wir uns leiten lassen.“
„SPD und GRÜNE hatten einen betont ideologisch linken Antrag eingebracht.“
„Erst durch unseren Antrag ist der Antisemitismus und auch der Salafismus als Themenfeld mit aufgenommen worden.“
„Die neue Landeszentrale für politische Bildung wird eigenständig und unabhängig aufgestellt. Dies wird dauerhaft sichergestellt, durch ein Kuratorium, das nur im Einvernehmen mit allen Fraktionen dieses Landtages besetzt werden kann. Die Leitung der Landeszentrale wiederum ist nur im Einvernehmen mit dem Kuratorium zu besetzen.“
„Der eine von 15 Punkten, der mit den Grünen nicht vereinbar war lautet: 'Die Aufklärung über Gefahren von Links- wie Rechtsextremismus zu fördern.' Schon das Wort 'Extremismus' ohne RECHTS oder LINKS als Tribut geht mit den Grünen nicht. Ausweichend umschreiben wir das jetzt mit den Begriffen wie 'gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit' oder 'politische Radikalisierung'.“
„Weder Linksextremismus noch politischer Extremismus waren mit den Grünen verhandelbar.“
„Die Grünen in Niedersachsen müssen dringend ihre Abgrenzung zum Linksextremismus bestätigen; damit wollten wir aber die Gründung einer Landeszentrale nicht belasten.“
„Ich hab ja die Irritationen, die mich tatsächlich getroffen haben in den gemeinsamen Gesprächen eben zum Ausdruck gebracht und hatte gehofft, Sie würden Sie ausräumen – und eine klare Abgrenzung nach Links für Ihre Partei vornehmen; schade, dass Sie es nicht getan haben.“ (zu Julia Willie Hamburg, GRÜNE)
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Julia Willie Hamburg (GRÜNE):
Sprecherin für Kinder, Jugend, Familie, Antifaschismus, Queerpolitik
„Ich habe mich zu dieser Kurzintervention gemeldet, weil ich gleich in meiner Redezeit keine Zeit für politische Niggelichkeiten vorgesehen habe.“
„Ich möchte hier jetzt nur einmal die Zeit nutzen um einfach noch einmal deutlich zu machen, dass ich lediglich darauf hingewiesen habe, dass der Extremismus-Begriff und die Hufeisen-Theorie, die diesem zugrunde liegt, ein durchaus mittlerweile wissenschaftlich sozialwissenschaftlich umstrittener Begriff und eine umstrittene These ist. Und wir hatten hier auch vom Verfassungsschutz veranstaltet genau zu diesem Thema ein sehr spannendes Symposium – ich weiß nicht, ob Sie dem beigewohnt haben, offensichtlich nicht – wo genau diese Schwierigkeiten mit diesem Begriff auch noch einmal herausgearbeitet wurden. Es gibt diverse Veröffentlichungen exakt zu diesem Thema, dass gerade gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Demokratie- und Verfassungsfeindlichkeit einfach deutlich präzisere Begriffe sind und beschreiben, was Verfassungsfeindlichkeit ist. Und um Sie noch einmal zu beruhigen, das hat auch nichts mit Sprachpolizei zu tun, das haben wir auch immer wieder bei der Frage 'Gender', bei der Frage 'Rassismus', rassistische Formulierungen, dass wir da leider mit Ihnen nicht zusammenkommen. Dass Sprache ein scharfes Schwert auch in solchen Fragen ist, das ist bedauerlich. Ich möchte aber noch mal sagen, mit Herrn Hillmer habe ich verabredet, dass ich mir irgendwann mal Zeit nehme und mit ihm genau über diese Theorien nochmal rede; ich lade alle anderen von der CDU, die eben dazwischen geschrien haben 'Warum eigentlich' herzlich ein, dem auch beizuwohnen. Ich freue mich auf diesen Austausch.“